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Castell Ganolfo 2012 – Rückzugsort des Papstes im Sommer

Castell Ganolfo 2012 – Rückzugsort des Papstes im Sommer

Zuerst waren wir ja ein wenig enttäuscht, als wir im Vorfeld hörten, dass der Papst im Sommer keine Mittwochsaudienz im Petersdom gibt. Doch im Nachhinein müssen wir sagen, super, dass wir die Fahrt nach Castel Gandolfo gebucht haben. Was der Unterschied ist? In Rom steht man auf dem Petersplatz. Selbst ganz vorn ist man bestimmt 60 Meter weit weg und wer steht auf dem Riesenplatz schon vorn, es sei denn er ist zwei Tage früher da. Dann ist der Balkon des Papstes in der gefühlten dritten Etage. Ich glaube, würden die da jemand anderen hinstellen, der wie der Papst gekleidet ist: Keiner würde es merken. An den Bildern werden Sie sehen, dass man in Castel Gandolfo ganz nah dran ist. Zum anderen steht man da mit weniger Menschen in einem überdachten Innenhof. Da kommt die Stimmung viel besser rüber.

Das ist der Palast in Castel Ganolfo vom See aus gesehen

Ich würde mal schätzen, wir waren in einer Menge von über 1000 Gläubigen genau mittig. Wir haben uns immer gewundert, warum die Leute da hin fahren und warum man so einen „älteren Herrn“ so hochjubelt. Aber Sie sollten mal in so einer Menge stehen, die zwei Stunden auf den Papst wartet und immer wieder Lieder skandiert oder Benedetto, Benedetto Benedetto… ruft.

Dazu haben Sie dann einen Pater aus Südamerika in der Nähe, der fast so alt ist wie man selbst, aber über mehrere Stunden seine Reisegruppe anfeuert und im Takt des Gesangs dauernd hochspringt und auf und ab hüpft. Dann wissen Sie, dass die Stimmung von ganz allein kommt, das Warten anders als an der Supermarktkasse sogar das Schönste und Amüsanteste ist, denn die Ansprache, die ist schnell vorbei und es ist ja sowieso nur ein Satz auf Deutsch, den man versteht.

Hinter uns standen außerdem zwei Nonnen aus München mit Bayernfähnchen, die kichernd darauf hinwiesen, dass die lebensgroße Statue von Petrus lächelt. Einen lächelnden Petrus hätten sie noch nie gesehen. Die kamen aus dem Kichern nicht raus und waren auch schon an die 50 Jahre alt. Wenn Sie das über ein paar Stunden erlebt haben, dann ist da schon Hochachtung für den „älteren Herrn“ auf dem Balkon, der solche Gefühlsausbrüche hervorruft.

Aber beginnen wir am Anfang, an dem Sonntag 12. August 2012:

Der Albaner See, der zum Gemeindegebiet gehört, liegt auf dem Kratergrund, 130 m unterhalb der Stadt. Entlang des Ufers liegen Ausflugslokale und Strandbäder.

Es war unsere letzte Etappe, die mit dem Vatikan zu tun hatte. Castel Gandolfo ist der Sommersitz des Papstes, weil die unmöglichen Temperaturen in einer Großstadt wie Rom kaum auszuhalten sind. Dort sind die Audienzen des Papstes für normale Urlauber am Sonntag um 12 Uhr als Mittagsaudienz. Wir hatten die Busfahrt von Rom aus vorgebucht, die ging um 8 Uhr los, was aber daran lag, dass der Fahrer zum einen noch viele Hotels anfahren musste, um Gäste mitzunehmen und außerdem ein überteuertes Souvenirgeschäft kannte, der Unmengen Rosenkränze und Kreuze verkaufen wollte und auch konnte, die dann beim Segen des Papstes in die Höhe gehalten wurden um ein wenig des Segens für die Angehörigen zu Hause mitnehmen zu können. Außerdem schien trotz der vom Fahrer versprochenen Extremstniedrigpreise noch eine Provision für ihn drin. Na ja, man kann nicht alles haben, also waren anderthalb Stunden schon weg, bevor wir Rom hinter uns ließen. Allerdings waren wir ja Fuchs, wir wollten sowieso nur hin mit Bus, zurück hatte ich bereits eine Zugfahrt herausgesucht, damit wir länger in Castel Gandolfo bleiben konnten. Wir kamen mit dem Bus hinauf und sahen erst einmal eine Menge Leute, also den Massen nach.

Der Balkon war dann doch nicht der Richtige

Dann kamen wir zu einem Gebäude mit Balkon. Balkon, jede Menge Menschen – oh dachten wir toll, stellen wir uns doch einmal an und sogar ein Sitzplatz am Brunnenrand war noch zu bekommen. Bis der Busfahrer kam und uns mitteilte, dass die Menge da nur so rumsteht. Der Papst würde im Innenhof sprechen und wir müssten uns weiter rechts anstellen. Wäre im Sitzen auch zu schön gewesen.

Übrigens ist der kirchliche Besitz in Gandolfo mit einer Größe von 55 Hektar um 11 Hektar größer als der Vatikan. Davon sind 25 Hektar landwirtschaftlich genutzt.

Da sind noch einige vor uns drin.

Die gesamte Residenz ist Exterritorial, also wie eine Botschaft autonom und nicht dem Land verhaftet, auf dem sie liegt.

Die Schweizergarde ist auch hier wieder für den Einlass zuständig, wobei die Hauptarbeit die italienische Polizei machte.

Bereits mit dem Lateranvertrag von 1929 erkannte Italien den Besitz des Papstpalastes, der in der Nähe befindlichen Villa del Moro und Villa Cybo zum Vatikan gehörig an.

Also waren wir in der Schlange und versuchten möglichst schnell mit hinein zu kommen, wussten wir doch nicht, wie viele da wirklich hineinpassen. Aber auf keinen Fall wollten wir die ersten sein, die man nicht mehr einlässt.

So, nur noch an den beiden vorbei und dann ist es geschafft.

Übrigens wunderten wie uns, warum uns von den Wasserflaschen, die wir mit hatten die Deckel am Eingang abgenommen wurden. Wenn man schon Angst hätte, dass wir die Flaschen werfen würden, dann doch bitte die ganze Plastikflasche abgeben, warum nur den Deckel. Hinterher sagte uns, wir sollten doch einmal versuchen eine Plastikflasche ohne Deckel zu werfen. Das funktioniert mit einer vollen Flasche angeblich nicht.

Im Innenhof, keine 10 Meter vom Balkon entfernt. Das hätten wir in Rom auf dem Petersplatz so nie gehabt.

Um 11 Uhr waren wir dann im Innenhof, allerdings war die offizielle Audienz erst um genau 12 Uhr.

Auf der Leinwand wurde die ganze Runde gezeigt.

Es war eine Wahnsinnsstimmung. Viele sangen Choräle, reiseleitende Pastore stimmten die Mitreisenden ein. Unter anderem waren auch Mexikaner da, die feierten, wie sonst nur beim Fußball. Immer wenn jemand aus einer Gruppe auf dem Bildschirm an der Wand eingeblendet wurde, feierten ihn alle anderen. Wie schon gesagt, wunderten sich die Schwestern eines Münchner Klosters die hinter uns standen über die lachenden Propheten Petrus und Paulus.

Paulus

Petrus

 

Es wurde zwar aufgrund der langen Zeit, die wir schon standen, langsam anstrengend. Aber um 12 Uhr kam dann Papst Benedikt auf den Balkon.

Die Menge johlte, schrie und jubelte ihm zu. Es ist schon beeindruckend, wenn der ganze Innenhof „Benedetto, Benedetto“ ruft und ihm zujubelt wie einem Fußballstar, während wir Deutschen ein eher zwiespältiges Verhältnis zu „unserem Papst“ haben.

Endlich auf dem Balkon. Auf dem Teppich ist auch wieder sein Wappen

Schon während der Besichtigung der Vatikanischen Gärten hatte uns die Führerin darauf hingewiesen, dass Benedikt in Italien und auch sonst im Ausland viel mehr geschätzt würde, als wir Deutschen ihn schätzen. Das ist wieder das, was man mit „im eigenen Lande zählt der Prophet nichts“ beschreibt. Auf jeden Fall kannte der Papst das schon. Immer wenn er dann die Lautstärke der Jubelnden etwas herunterdrücken wollte, um zu Wort zu kommen, wedelte er mit den Fingern um sie zur Ruhe zu bringen und es klappte tatsächlich, die Menge beruhigte sich und hing an seinen Lippen.

Das müsste dann sein Sekretär Gänswein sein.

Nach einer Viertelstunde erst in Latein, danach in anderen Sprachen, kam der Segen mehrsprachig und dann war alles so schnell, wie die ganze Audienz begann, wieder vorbei. Allerdings hatte der Führer, der uns hin brachte Recht. In Castel Gandolfo ist man einfach näher ran als auf dem Petersplatz. Man hat förmlich das Gefühl, man könne ihm die Hand reichen.

Auf dem Weg nach draußen

Nun machten wir uns auf den Weg nach draußen.

Der Schweizer Gardist beobachtete mich genau, wie ich fotografierte, verzog aber keine Miene.

Insgesamt ist der Papstpalast eine unheimlich schöne, farbenfrohe und saubere Anlage.

Wir hatten ja beschlossen, nicht mit dem Bus zurückzufahren, obwohl wir den bezahlt hatten, und das dem Fahrer auch bereits gesagt, damit er nicht wartete.

Mittagessen ist angesagt, schließlich war der Tag schon lang und sitzen war jetzt wirklich notwendig.

Also haben wir in den Gassen erst einmal zu Mittag gegessen, bis sich das restliche Volk verlaufen hatte. Außerdem schrieben wir die Ansichtskarten für zu Hause, damit der Poststempel passte. Allerdings haben die Karten nach Deutschland fast drei Wochen gebraucht.

Pfarrkirche San Tommaso da Villanova

Pfarrkirche San Tommaso da Villanova von Gian Lorenzo Bernini

Alexander VII. beauftragte Bernini mit dem Bau der Pfarrkirche von Castel Gandolfo, die San Tommaso da Villanova gewidmet wurde, dem von ihm selbst 1658 heiliggesprochenen Erzbischof von Valencia, während die Krypta San Nicola gewidmet wurde.

Der Altar

Die Kirche hat einen quadratischen Grundriss und die Kuppel ist auf Pfeilern im dorischen Stil gestellt. Innen ist das wichtige Werk von Pietro da Cortona, die Kreuzigung des Christ, beherbergt. Außerdem gibt es sehr wertvolle Stuckdekorationen.

Eine schöne Kuppel

Nun wurde es aber doch Zeit, zum Bahnhof zu kommen. Denn wenn erst alle Touristen weg sind, fährt wahrscheinlich kein Zug mehr. Überhaupt fuhr der Zug nach Rom nur alle 2 Stunden. Die Fahrkarten konnten wir in einem Geschäft auf dem Marktplatz kaufen, allerdings hatten wir noch ein bisschen Laufstrecke vor uns und wussten nicht, wie lang der Weg sich zieht. Zwar nur bergrunter, aber immerhin.

Der Wasserstand ist durch den steigenden Verbrauch der umliegenden Orte in den letzten Jahren zurückgegangen.

Auf dem Weg in einem Geschäft kauften wir noch eine Marionette aus Metall, die jetzt unseren Flur schmückt. Außerdem konnten wir noch einen Blick auf den Albaner See werfen.

Da hatte wohl jemand die gleiche Idee wie wir.

Da mussten wir aber wirklich einen ganz schönen Weg nach unten.

Übrigens hat der eine Tiefe von 170 Metern. Es handelt sich hierbei um einen Kratersee, der über einen künstlich angelegten Abflusstunnel verfügt, den die Römer bereits vor Christus Geburt anfertigten.

Endlich der Bahnhof.

Da der See über keinen Zufluss verfügt und nur vom Regenwasser gespeist wird, herrscht Sauerstoffmangel und keine optimale Wasserqualität. Vielleicht ist das auch der Grund für seine tolle türkise Farbe. Wir kamen am Ende trotz Laufschritts doch noch ganz gut unter Zeitdruck, hatten aber Glück. Zehn Minuten vor Abfahrt des letzten Zuges waren wir am Bahnhof. Der Zug hatte dann allerdings alle Zeit der Welt, bis er in Rom ankam.

Und Tschüß, oder vielmehr habe ich noch einen Nachtrag, der sich durch den neuen Papst ergibt. Lesen Sie doch einmal folgendes:

Nach Benedikt bestimmt nun Papst Francesco, was im Vatikan vor sich geht. Und Francesco hat keine Zeit für Sommerurlaub und bleibt daher zum Arbeiten im Vatikan. Für die Geschäftsleute, für die Sommeraudienz des Papstes eine Event zum Gelddrucken darstellte natürlich überhaupt nicht akzeptabel. Auf der Seite von domradio.de stieß ich auf eine Meldung vom 14.8.14 dazu, hier der Link zum Weiterlesen:

https://www.domradio.de/artikel/ein-besuch-castel-gandolfo-ohne-papst (vielen Dank dorthin)

Ergänzung Oktober 2016

Jetzt ist es soweit, Papst Franziskus hat ein Herz für die Händler von Gandolfo. Er hat ja gesagt: „Er brauche keinen Urlaub“ und würde daher auch nicht in die Sommerresidenz der Päpste nach Gandolfo fahren. Doch jetzt hat er endschieden, dass ab dem 21. Oktober 2016 die päpstliche Wohnung für Besucher zugänglich ist.

Ab dem 21. Oktober wird die päpstliche Wohnung Besuchern vollständig zugänglich sein, wie die römische Tageszeitung „La Repubblica“ am Freitag berichtete. In Zukunft können Besucher die Privatkapelle, die Bibliothek, das Büro und das Schlafzimmer besichtigen. Andere Teile wie die Gärten Gandolfos konnten schon seit 2014 angesehen werden.

Mit einem Ticket bucht man jetzt die Vatikanischen Museen und die Sixtinische Kapelle im Vatikan und halt die Papstvilla Castel Gandolfo.

Der Bahnhof im Vatikan, Cittá del Vaticano ist aber nicht der, von dem die Fahrt losgeht. Der heißt Roma San Pietro und ist ca. 400 Meter weiter auf italienischem Gebiet kurz vor dem Vatikan.

Noch eine besondere Reisemöglichkeit: Auch der Zug des Vatikans nach Gandolfo ist wieder in Betrieb. Von hier können Touristen um 10.57 Uhr nach Castel Gandolfo abfahren, dabei die Vororte Roms vom Zug aus sehen und ist in ca. einer Stunde in Gandolfo. Dort hat man dann Zeit für Besichtigung und Einkaufsbummel, bevor es am Spätnachmittag zurück nach Rom geht.

Wen Infos zur vatikanischen Staatsbahn interessieren, kann auch einmal über diesen Link auf Wikipedia schauen.

 

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