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Historischer Friedhof Weimar

„Gedächtnishalle für die im Ersten Weltkrieg (1914–1918) Gefallenen der Stadt Weimar“

Historischer Friedhof Weimars

Über die Bauhaus Uni kommt man zum Historischen Friedhof.  Friedhöfe sind ja nicht jedermanns Fall, doch geben sie häufig Auskunft über die Stadt und ihre Geschichte, weshalb wir uns meist auch einen alten Friedhof am Ort ansehen.

Der Historische Friedhof ist seit 1818 der offizielle Friedhof Weimars. Davor wurden die Beerdigungen auf dem Jakobsfriedhof durchgeführt, noch davor sogar an der Herderkirche. Durch die wachsende Bevölkerung war am Anfang des 19. Jahrhunderts eine größere Fläche notwendig geworden. Die fand man in der Nähe des Poseckschen Gartens und legte dort den „Neuen Friedhof vor dem Frauentore“ an.

Außerdem befindet sich dort auch die „Fürstengruft“. Doch nacheinander.

Christian August Vulpius (1762–1827), Schriftsteller, Bibliothekar, Übersetzer und Bruder von Goethes Frau

Zuerst läuft man auf  die Gedächtnishalle zu, sie ist direkt auf der linken Seite hinter dem Haupteingang am Poseckschen Garten. Ursprünglich wurde sie 1878 als Begräbnishalle errichtet, dann jedoch 1921 zur „Gedächtnishalle für die im Ersten Weltkrieg (1914–1918) Gefallenen der Stadt Weimar“ umgebaut.

Lindenallee

Danach sieht man durch die Lindenallee bereits die Fürstengruft. Sie wurde von Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach 1823 in Auftrag gegeben und diente ausschließlich dem Weimarer Fürstenhaus als Grablege. Doch keine Regel ohne Ausnahme, Großherzog Carl August wollte unbedingt auch im Tode mit seinen beiden Dichtern Goethe und Schiller vereint sein.

Baumeister Clemens Wenzeslaus Coudray die Begräbnisstätte für die herzogliche Familie. Er baute nach dem Wunsch des Herzogs ein „einfaches Totenmagazin“, einen Rechteckbau mit dorischer Säulenfront.

Der Standort der Gruft war damals das südliche Ende des Friedhofs. Die Erweiterung hinter der Fürstengruft weiter Richtung Süden fand dann erst 1835 statt.

Die Fürstengruft und die Russisch-Orthodoxen Kapelle bilden eine Einheit und das Zentrum des Friedhofs. Dafür gibt es einen ganz besonderen Grund. Erbprinz Carl Friedrich von Sachsen Weimar heiratete mit 21 Jahren am 3. August 1804 in Petersburg die 18 jährige Großherzogin Maria Pawlowna.

In den Jahren 1860 bis 1862 ließ Königin Augusta von Preußen hinter der Fürstengruft eine Russische Kapelle in neobyzantinischem Stil bauen.

Sie war die Tochter des russischen Zaren Paul I. In Russland musste die Hochzeit stattfinden, weil das für russische Großfürsten damals so Tradition war. Ein Vierteljahr später kamen die beiden dann mit großem Tross in Weimar an. Das Gepäck soll auf über 70 Wagen mit über 100 Pferden angekarrt worden sein. Also ganz großes Kino. Ob Maria Pawlowna wohl wusste, worauf sie sich einließ? Weimar musste doch zu damaliger Zeit fürchterlich provinziell und der Luxus dürfte auch nicht mit dem Zarenhof vergleichbar gewesen sein. Aber gut, es entwickelte sich über die Jahre einiges.

Für die spätere Beerdigung mussten dann mehrere Kunstgriffe erfolgen. Denn es war einiges unter einen Hut zu bringen. Erstens musste Maria Pawlowna, die 1859 starb, nach russisch-orthodoxem Glauben in russischer Erde beerdigt werden, allerdings auch in Weimar, weil sie dort ja Regentin war.

Außerdem wollte sie nach dem Tode aber auch zusammen mit ihrem Mann beerdigt sein, der aber Protestant war.

Sehr schönes Fenster in der Kapelle

Um alles zu verwirklichen, brachte man 40 Wagenladungen geweihter russischer Erde aus Sankt Petersburg nach Weimar und schüttete hinter der Fürstengruft einen Hügel auf. Darauf wurde von 1860 bis 1862 eine Russisch-Orthodoxe Kapelle errichtet. Nun schaffte man einen unterirdischen Durchbruch zur Fürstengruft. Damit konnte Maria Pawlowna direkt vor dem Durchgang auf der einen Seite in ihrem Sarg liegen, und ihr Mann direkt auf der anderen Seite in der Fürstengruft.

In der Russisch-Orthodoxen Kapelle wies uns noch jemand darauf hin, dass das Jesusbild in der Kuppel zu DDR Zeiten restauriert wurde, aber leider falschherum angebracht ist. Das wurde dann bei der Einweihung bemerkt, lies sich aber nicht mehr ändern. Ansonsten war uns die Kapelle innen zu verkitscht und erinnerte sehr stark an die Begräbniskapelle von Jesus Christus in Jerusalem. Bilder davon finden Sie hier. In Weimar verzichteten wir auf Innenbilder, weil die Kapelle noch regelmäßig Gottesdiensten dient und man uns darum bat, doch keine Bilder zu machen.

Nun besichtigten wir die Fürstengruft. Eigentlich waren dort einmal 42 Särge, von denen man aber einige aus konservatorischen Gründen ausgelagert wurden. Wie schon geschrieben waren zwei davon nicht aus der Familie. Goethe und Schiller sollten bei Carl August beerdigt werden. Bei Goethe hat das auch funktioniert, während der Sarg von Schiller heute leer ist. Und das nicht, weil etwa die Knochen gestohlen wurden, sondern weil man herausgefunden hat, dass er dort nie gelegen hat. Wie das wollen Sie jetzt wahrscheinlich wissen? Na ja, Schiller war nie so reich gewesen, dass er über ein eigenes Grab verfügte. Somit wurde er im Kassengewölbe des Jakobsfriedhofes beerdigt.

Unter der achteckigen Kuppel befindet sich in der Mitte eine ovale Öffnung, durch die die Särge hinabgelassen werden konnten.

Er starb 1805, übrigens fand man in den 1990er Jahren fest, dass er sich an seiner Stofftapete vergiftet hat und nicht an Tuberkulose gestorben ist. Auch eine Möglichkeit. Und zwar fand man Originaltapete seines Arbeitszimmers in giftgrün. Die Analyse ergab, dass sie Blei, Arsen, Kupfer und Quecksilber enthielt und Schiller jahrelang Ausdünstungen davon zwei Jahre lang eingeatmet haben muss. Er wurde nachts beerdigt, wie es für „Verstorbene von Stand“ üblich war. Herzogin Anna Amalia hatte das allgemein angeordnet, damit alles diskret war und keine Schaulustigen anwesend waren. Somit wurde der Sarg von Schiller nachts um eins ins Kassengewölbe herabgelassen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Särge der Dichter nach Jena ausgelagert und 1945 wieder in die Fürstengruft zurückgebracht. 1952 benannte man die Fürstengruft in Goethe-Schiller-Gruft um, 1992 bekam sie ihren alten Namen zurück.

Die Weimarer Bevölkerung soll damals von einem Armenbegräbnis gesprochen haben. Immer wieder wurde gefordert, den Leichnam doch zu exhumieren und richtig beerdigen zu lassen. Zuletzt wollte das sogar Goethe. Aber erst 1826 suchte der Bürgermeister Weimars, Carl Leberecht Schwabe nach den Überresten im Kassengewölbe. Man wollte eigentlich erst nur den Schädel suchen. Aber wie finden, also nahm man alle Schädel, es sollen 23 an der Zahl gewesen sein, mit. Der Bürgermeister verglich mit einer Totenmaske Schillers und entschied sich dann für den größten Schädel, weil Schiller mit 1,90m  sehr groß war. Recht makaber, aber Goethe und der Großherzog waren wohl zufrieden. Der Schädel wurde dann in der Anna Amalia Bibliothek aufbewahrt, wie eine Reliquie. Doch kurze Zeit später ließ Goethe den Schädel zu sich bringen und stellte ihn in eine Glasglocke auf seinen Schreibtisch. Und das, obwohl er vor Allem was mit dem Tod zu tun hat so viel Angst hatte, dass er nicht einmal an der Beerdigung seiner eigenen Frau teilnahm. Ein Jahr später wollte Goethe nun auch die restlichen Gebeine seines Freundes bergen lassen. Man nahm auch hier wieder die größten Knochen und brachte sie erst wieder in die Bibliothek und setzte sie 1827 in der Fürstengruft bei. 1828 starb dann Großherzog Carl August und 1832 auch Goethe. Alle waren nun beisammen in der Fürstengruft. So weit so gut. Doch die Wissenschaft geht weiter und kann immer mehr. Mehrfach glaubten Forscher herausgefunden zu haben, dass die geborgenen Knochen nicht zu Schiller gehörten. Das ging dann sogar so weit, dass man 1911 glaubte eine endgültige Klärung hinzubekommen. Man grub an der Stelle des Kassengewölbes noch einmal und fand etliche andere Schädel. Durch eine „Hutprobe“ mit einem Lederhut Schillers glaubte man die Lösung gefunden zu haben. Man brachte also den neuen Schädel samt dazugehörigen Knochen in die Fürstengruft und hatte nun Schiller sogar zweimal da. 1961 stellte man dann fest, dass die zweiten Gebeine von einer Frau waren, die zudem nur 1,50 Meter groß war und einen Buckel hatte. Es ist grotesk. 2008 kam dann die endgültige Klärung der Angelegenheit. Genteste lügen nicht. Weder passen die Schädel zu den gesammelten Knochen, noch passt irgendetwas zu Schiller.

Fazit: Somit bleibt der Schillersarg für die Zukunft leer. Aber wenigstens ist sicher und belastbar zu behaupten, dass er tot ist und das ist doch auch schon eine Erkenntnis.

Nun bummeln wir noch ein wenig über den Friedhof.

Wenn man die Namen auf den Gräbern liest, merkt man sehr schnell, dass sich in Weimar nicht nur Goethe und Schiller ansiedelten, sondern jede Menge bekannte Persönlichkeiten.

Carl Wielands Grab

Zum Beispiel der Sohn des „Prinzenerziehers“ Christoph Martin Wieland. Auf seinem Grabstein kann man sich nicht verkneifen zu schreiben: „Kein Dichter war des großen Dichters Sohn… „. Möchten Sie später auf Ihrem Grabstein stehen haben, was Sie nicht waren. Das klingt fast schon nach Enttäuschung. Oder die Grabstätte der Familie Reimann. Dr. Ludwig Reimann war der Leibarzt von Maria Pawlowna Romanowa, Großfürstin von Russland und Ehefrau des Erbprinzen Carl Friedrich von Sachsen-Weimar. Doch ich möchte Sie nicht langweilen und komme dann zum Ende halt wieder auf die Familie Goethe zurück. Auch von ihr gibt es hier ein Familiengrab. Gut, vollständig ist es nicht, liegt doch Goethe in der Fürstengruft, sein Sohn auf einem wunderschönen Friedhof in Rom,

Auf dem Grab von Goethes Sohn im Protestantischen Friedhof Roms steht wirklich nicht einmal der Name, sondern nur „Goethe Filius“. Aber Wegweiser zum Grab gibt es dort einige.

seine Frau Christiane wie schon geschrieben auf dem Jakobsfriedhof, bei der Beerdigung war Goethe ja nicht einmal anwesend, weil er passend Fieber bekam und das Bett hüten musste, seine Eltern liegen in Frankfurt und seine Enkelin Alma starb in Wien 1844 im Alter von 16 Jahren an Typhus und ist auch dort begraben. Aber irgendwie ist sie doch auf dem Friedhof in Weimar. Denn man hat eine liegende Plastik des Mädchens auf der Familiengrabstätte integriert und das Gesicht soll sogar ein Abbild von ihr sein. Jetzt wollen Sie wissen, wer den dort überhaupt liegt. Also los, ganz links liegt Goethes Schwiegermutter, dann seine Schwiegertochter Ottilie, dann folgen seine Enkel Walther Wolfgang und Wolfgang Maximilian. Der letzte Grabstein ist von Wilhelmine Bachstein. Sie war lange Zeit Bedienstete der Familie Goethe und Kinderfrau der Enkel. Sie belegte eigentlich das letzte Grab in der Grabstätte, musste aber weichen, als man Alma 1885 von Wien nach Weimar überführte. Nun wurde sie exhumiert und ein Stückchen weiter neu bestattet. Doch damit möchten wir nun diesen Beitrag beenden. Noch eines zum Schluss, ab 1862 wurde der Friedhof mit größeren Erweiterungen nach Süden und Westen zum „Hauptfriedhof“ Weimars ausgebaut.

Historischer Friedhof ist die Bezeichnung für den Nordteil mit der Fürstengruft. Um sein Erscheinungsbild zu bewahren, finden dort heute keine Beerdigungen mehr statt. über diesen Link kämen Sie nun zurück zu unserer Weimarseite.

Noch ein Tipp: Falls Sie ein dringendes Bedürfnis überkommt, eine Toilette zu brauchen, versuchen Sie bis in die Innenstadt in ein Cafe zu kommen. Es gibt zwar gegenüber dem Eingang eine öffentliche Toilette, doch vergessen Sies, das geht gar nicht, die wollen Sie nicht mal sehen.