Ist Marrakesch wirklich 1000 und 1 Nacht?
Früh morgens kamen wir in Casablanca an. Weil wir beim letzten Mal Casablanca und Rabat besichtigten, wollten wir diesmal mit dem Bus vom Schiff nach Marrakesch. Bekannt aus den Märchen „1000 und eine Nacht“ hatten wir eine bestimmte, märchenhafte Vorstellung von der Stadt.
Auch Reiseführer, die sich bei der Beschreibung der Sehenswürdigkeiten, wie Saadier-Gräber, Bahia Palastes, seinen Gärten, sowie des Djemaa-el-Fna-Platz förmlich überschlugen, trugen dazu bei, dass unsere Erwartungen im Grunde überhaupt nicht erfüllt wurden.
Vielleicht kam auch noch dazu, dass meine Frau diesen Ausflug mittendrin abbrechen musste, weil sie Schüttelfrost bekam und wir es nur unter schwierigsten Umständen schafften, sie zum Bus zurückzubekommen.
Dennoch habe ich einige schöne Bilder machen können, doch 13 Stunden incl. 6 Stunden reine Busfahrt war die Tour meiner Meinung nach nicht wert.
Casablanca und Rabat zwei Jahre zuvor waren wesentlich ordentlicher und sauberer.
Und auch die Händler waren in Marrakesch einfach zu aufdringlich. 10 Mal nein galten nichts, man kam von ihnen einfach nicht weg. Und für jedes Bild, das man von Sehenswürdigkeiten oder auf dem Marktplatz machte, kamen mindestens 10 Leute, die glaubten jetzt einen Euro fordern zu können.
Aber nun beginne ich einfach einmal mit der Reisebeschreibung. Und wenn Sie die Möglichkeit haben, Marrakesch zu besuchen, machen Sie sich selber ein Bild!
Marokko, ist nach der ehemaligen Hauptstadt Marrakesch benannt.
Marrakesch wurde am 7. Mai 1070 durch Abu Bakr ibn Umar gegründet. Abu Bakrs Nachfolger Yusuf ibn Taschfin (1009–1106) eroberte das heutige Nordmarokko und Andalusien und ließ Marrakesch zur Hauptstadt seines Reiches ausbauen. Später wurde die Stadt erheblich erweitert und die bis heute erhaltene Stadtmauer errichtet.
Die Busfahrt von Casablanca nach Marrakesch dauerte ungefähr 3 Stunden. Die Landschaften an denen wir vorbeifuhren, waren eher kärglich. Zwar sah man immer wieder kleine Flächen, auf denen etwas angebaut wurde. Doch kann man kaum glauben, dass dort jemand wirklich davon leben kann.
Der erste Stopp in Marrakesch war an der Koutoubia-Moschee gegenüber dem Place de Foucauld und dem Djemaa el Fna. Sie ist die größte Moschee von Marrakesch, die einzige, die aus Stampflehm besteht und stammt aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, ist damit also eine der ältesten Moscheen Marokkos.
Das Minarett, das man hier sieht ist das Wahrzeichen der Stadt Marrakesch und des gesamten Landes. Abends wird es beleuchtet und ist noch bis in 30 km Entfernung sichtbar.
Marrakesch wird von arabischen Dichtern die Perle des Südens genannt. Die Stadtmauer aus Stampflehm mit ihrer rotbraunen Färbung und eine große Palmenoase sind wirklich schön. Insgesamt ist sie 20 km lang, wir sahen nur einen kleinen Teil auf dem Weg zu den Saadiergräbern.
Wie schon geschrieben, hatten wir uns davon mehr versprochen. Im Grunde blieben nur diese beiden Bilder. Das lag anscheinend daran, dass unser Führer bereits Zeit für eine Verkaufsveranstaltung in einer Apotheke herausschinden wollte. So konnten wir nur einen kleinen Blick von außen in einen Raum werfen und ansonsten die Gräber im Vorgarten
sehen, die aber nur von Familienangehörigen und Mitarbeitern der Sultane sind.
Die eigentlichen prachtvollen Grabanlagen befinden sich in zwei Mausoleen, die mit wertvollen Mosaiken, Intarsien aus Carrara-Marmor und kunstvollen Stuckverzierungen ausgestattet sind. Insgesamt wurden sieben Saadier-Herrscher und 62 Familienangehörige der Sultane in der Grabanlage bestattet.
Zu den Grabanlagen führt ein schmaler Gang, der an den beiden Mausoleen endet. Im größeren der Mausoleen liegen drei Räume gleich hinter dem Eingang nebeneinander.
Zur Erklärung im Internet fand ich, dass sich der Eingang zu den maurischen Saadier-Gräbern in unmittelbarer Nachbarschaft der ehrwürdigen Kasbah-Moschee befindet.
Die Gräber der Saadier stammen aus dem sechzehnten Jahrhundert, wurden aber erst im Jahre 1917 wiederentdeckt, nachdem man sie unter dem Alewiden-Herrscher Mulay Ismail hinter hohen Mauern verborgen hatte, um die Dynastie der Saadier dem Vergessen preiszugeben.
Die Saadier machten Marrakesch 1554 zu ihrer Residenz.
Auf dem Weg zum Palast kamen wir durch die Altstadt Marrakeschs. Die Medina ist ein Labyrinth aus Gassen, Plätzen, Geschäften, Cafés und Hotels.
Im Auftrag des Großwesirs Si Moussa wurde während der Alawidenzeit im Jahr 1867 ein prachtvoller, riesiger Palast gebaut. In den nachfolgenden Jahren erweiterte der Sohn des Wesirs, den Palast noch um ein türkisches Bad, einen sogenannten Hammam. Außerdem ließ er innerhalb der Palastmauern eine Moschee erbauen sowie einen wunderbaren, idyllischen Garten anlegen und nannte die Anlage Bahia Palace, was so viel wie „Die Glanzvolle“ bedeutet.
Der Bahia Palast hat eine Grundfläche von 8.000 m² und besitzt über 160 Räume. Überall trifft man auf einen andalusischen und maurischen Baustil.
Für eine Besichtigung durch die riesige Palastanlage braucht man mehrere Stunden Zeit. Doch die hatte unser Führer wohl nicht, weshalb wir nur ein paar Räume sehen konnten.
Obwohl die Räume heute leer stehen, wirken sie noch immer eindrucksvoll und lassen das luxuriöse Leben der einst hier lebenden Herrscher erahnen.
Weil sich in diesem Palast früher auch ein Harem befand, erzählte unser Führer, was es damit auf sich hatte. Es ging wohl gar nicht so sehr um die Vielweiberei. Sondern es kam dazu, weil in den Glaubenskriegen sehr viele Männer ihr Leben ließen.
Als die Frauen, die keinen Mann abgekriegt hatten, darüber klagten, dass sie heiraten wollten, es aber keine freien Männer mehr gäbe, wurde den Männern gestattet, mehrere Frauen zu heiraten.
Allerdings nur, wenn er es sich leisten und sie (materiell) gut versorgen konnte.
Es hatten also ein paar Mächtige zig Frauen und Geliebte, während auf der anderen Seite unzählige Männer in den Kriegen umkamen.
Schon lange ist der Bahia Palace auch Kulisse für Hollywood-Filme. So entstanden Szenen aus „Der Wüstenlöwe“ und „Lawrence von Arabien“ in den Räumen und Innenhöfen des Palastes. Zudem wird er auch für Staatsempfänge genutzt.
Auf dem Weg zum Djemaa el-Fna Platz kamen wir durch die Medima, die Altstadt. Man musste sehr aufpassen, denn die Jugendlichen fuhren mit Vollgas in den engen Verkaufsgassen Moped und am besten funktionierte wohl die Hupe. Dann war Mittag angesagt und es ging in ein Restaurant.
Das Palais Arabe war der ehemalige Sitz einer Adelsfamilie von Marokko, der renoviert und typisch marokkanisch ausgestattet wurde.
Der Palais Arabe wurde mit Materialien wie Tadelakt (Kalkstein vom Marrakesch-Plateau), Terra Cotta Zellige (Ziegeln aus Fes) und geschnitztem Holz restauriert.
Man bot zum Essen aus der Tajine, Hühnchen und Couscous, und einer Auswahl an marokkanischen Salaten. Diesen gab es Vorweg.
Typisch marokkanisch werden Gurken und Tomaten, klein gehackt, zusammengemischt. Tajine und Couscous sind Nationalgerichte. Die Tajine, ein Gericht, das in einem Tontopf ähnlich unserem Römertopf gegart wird, gibt es in unzähligen Varianten. Mit Fisch, Schaf- und Rinderfleisch, vielleicht süß-sauer mit Backpflaumen oder ganz vegetarisch mit Gemüse. Bei uns war es Hühnchen. Am besten soll die Tajine schmecken, wenn sie in traditionellem Tongeschirr auf Holzkohle zubereitet wird und eine gute Stunde im eigenen Saft vor sich hin brutzelt.
Couscous ist ein Freitagsessen und wird jede Woche, nach dem traditionellen Freitagsgebet in der Moschee, angeboten. Es ist Hartweizengrieß mit sieben Gemüsen, wahlweise mit Rindfleisch, Lamm oder Huhn. Der süße Couscous wird mit Rosinen serviert, meist mit Hühnerfleisch. Couscous wird in Marokko eigentlich mit der Hand gegessen. Uns gab man aber Messer und Gabel.
Als Nachtisch hatten wir Obst und als besondere Aufmerksamkeit ein wenig Show und Musik. Damit wollte man die Gastfreundschaft der Marokkaner zeigen. Ein andalusisches Orchester bot die Hintergrundmusik, dazu sahen wir eine authentische Bauchtanzshow. Der Bauchtanz ist ein orientalischer Tanz, der ursprünglich aus Ägypten kommt. Die Form der Bewegung wird als „Danse du ventre“, also Tanz des Bauches bezeichnet. Obwohl Männer ja teilweise mehr Bauch anzubieten hätten, wird der Tanz aber eigentlich nur von Frauen vorgeführt.
Nach dem Mittagessen kam dann die Verkaufsveranstaltung in einem Geschäft des Marktes. Die kann man in diesen Ländern auch mit einem noch so teuer bezahlten Ausflug anscheinend nicht verhindern. Es ging in eine Apotheke, wo Kräuter und Heilmittelchen verkauft wurden. Zumindest war der Verkäufer (ein Marokkaner aus Berlin) recht lustig.
Allerdings machte der in kürzester Zeit den Tagesumsatz einer deutschen Apotheke.
Weiter ging es durch die Medima und ihre Gässchen, in denen fast alles verkauft wird. Auf den Souks findet man Teppiche, Gewürze, Schlangenhäute zwischen Henna und Safran, bunt bedruckte Baumwollstoffe, diverse Dosen und Fläschchen mit arabischen Aufschriften, Affenzähne, feines Tuch oder gefärbte Wolle.
Und natürlich gab es jede Menge Oliven. Die wurden zu Türmen aufgeschichtet und einfach mit den Händen festgedrückt. Sah nicht sehr appetitlich aus und roch fürchterlich.
Einer der berühmtesten Plätze Marokkos und Marrakeschs ist der Platz der Gaukler in der Medina: der Djemaa el-Fna. Eigentlich heißt er „Platz der Gehängten“, weil hier einst Verbrechern und Verrätern die Köpfe abgehackt wurden.
Heute treffen sich hier Marokkaner und Berber aus den umliegenden Regionen, um Schlangenbeschwörern, Feuerspuckern, Tänzern, Schaustellern zuzusehen und den Musikern, Wunderheilern und Geschichtenerzählern zu lauschen.
Eine Herausforderung für jeden Mitteleuropäer, man fühlt sich wie auf der Flucht vor gleich dutzenden Händlern auf einmal.
Fazit: Wir dachten, Marrakesch ist ein Märchen aus tausend und einer Nacht. Aber Märchen sind auch nicht immer wahr. Und so ist es auch mit der Wahrheit der Reiseführer. Marrakesch zum Beispiel bot uns nicht die magische Atmosphäre, die überall angekündigt wird, sondern Dienstleistungen für Touristen gegen Geld. Es
stört schon, wenn einem die sogenannten Gaukler dauernd hinterherlaufen, ein Nein nie gilt oder wenn sie einen verfolgen, weil man für ein Foto des Platzes nicht vorher bezahlt hat.
Teilweise verlangten sie unverschämte Preise für ein Bild. Gibt man ihnen weniger, wird man beschimpft. Leider hat auch der Reiseleiter die wenige Zeit, die wir hatten noch durch eine Einkaufsveranstaltung verkürzt, so dass wir weniger gesehen haben, als es möglich gewesen wäre.
Am Ende blieb mir nur die Flucht in ein Cafe, wo ich dann einen Pfefferminztee zur Beruhigung genießen konnte.
Auf jeden Fall war ich dann froh abends irgendwann wieder mit mit meiner kranken Frau, die bis zum Ende im Bus warten musste, auf dem Schiff anzukommen. Sie steckte mich dann noch an womit Teneriffa am nächsten Tag für uns ins Wasser fiel. Erst ein paar Tage später ging es wieder einigermaßen.